Young: How to Think about Exercise

Zusammenfassung

Das Sachbuch How to Think About Exercise von der School of Life beschäftigt sich auf philosophischen, psychologischen und physiologischen Ebenen mit dem Thema der körperlichen Ertüchtigung. In unserer westlichen Zivilisation werden Körper und Geist häufig als zwei unterschiedliche Entitäten betrachtet, obwohl beides untrennbar miteinander verbunden ist und deutlich voneinander abhängt.
Damon Young zeigt die Vorteile gleichzeitiger körperlicher & geistiger Ertüchtigung auf und zeigt anhand historischer Personen & Beispiele auf, daß Intelligenz und Fitneß sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern einander ergänzen & fördern.
Behuf des Buches ist, ein anderes Verständnis für Training anzubieten, und diesen erfüllt es.

Das Buch ist, wie die anderen Werke dieser Reihe von der School of Life auch, relativ dünn, angenehm zugänglich und flott gelesen. Was jedoch nicht heißt, daß es trivial oder seicht ist.
Abgesehen von einigen Passagen, die mir nicht zugesagt haben, ist es interessant und hilfreich. Obwohl ich für mich selbst nicht übermäßig viel aus dem Buch gewinnen konnte, weil ich ohnehin sportaffin bin, betrachte ich es als lesenswert und empfehle es ruhigen Gewissens weiter.

4 von 5 Sternen

Hintergrund

Auf die School of Life, die von Alain de Botton gegründet wurde, wurde ich durch philosophische Selbsthilfevideos, über die ich vor geraumer Zeit auf YouTube gestolpert bin, aufmerksam. Nachdem ich mir einige wenige Bücher zugelegt und mich eingelesen hatte, war ich von diesen ebenso überzeugt wie von den meisten der Videos und habe der School of Life einen Platz in meinem Bücherregal freigeräumt und diesen kontinuierlich gefüllt.

Kritik:

  1. Wenn man sich die Videos des School of Life-YouTube-Kanals anschaut, kommt man nicht umhin zu bemerken, wann man darauf achtet, daß die Videos eine Moral und Weltsicht propagieren, wes der explizit erklärten Zielsetzung widerspricht.
  2. Die Philosophien, die präsentiert werden, sind sehr straff zusammengefaßt und gefiltert und werden den jeweiligen Philosophen selten gerecht.
  3. Der Internetzladen macht deutlich, daß die SoL deutlich finanzielle Interessen hat. Während ich die Bücher meist als sinnvolle Investition betrachte, sind die Preise der anderen Produkte fragwürdig.

Inhalt

Ein Problem unserer westlichen Gesellschaft scheint zu sein, daß wir dank Descartes glauben, daß unser Geist und Körper zwei unterschiedliche Entitäten sind, die nichts oder nur wenig miteinander zu tun haben. Das ist selbstverständlich ein Fehlschluß, der uns, je nach Umständen, teuer zu stehen kommen kann oder zu stehen kommt.

Young zeigt auf, daß der deutliche Großteil der Philosophen und großen Denker deutlich Wert auf Bewegung, wenn nicht gar gezielte körperliche Ertüchtigung gelegt haben, um zu unterstreichen, daß körperliche Fitneß schon immer Bestandteil des philosophischen Ideals war und auch weiterhin sein sollte. Körper und Geist sind unzertrennlich und beeinflussen einander nachweislich und nachhaltig.

Im Kapitel „Entrücktheit” (Reverie) geht es darum, wie Charles Darwins täglicher Spaziergang dazu beigetragen hatte, daß er die Tierarten sortiert und die Evolutionstheorie ausgearbeitet hatte. Kurzum, daß Training eine hilfreiche Art der Meditation sein und bei der Lösung von Problemen helfen kann.
„Stolz” (Pride) wird in dem christlichen Selbstverständlich oft und gerne als Sünde bezeichnet und umschrieben, dabei ist der Stolz auf die eigene Leistungen und Leistungsfähigkeit nicht nur berechtigt, sondern auch hilfreich für das Wohlbefinden. Die Freude an der Sportlichkeit des eigenen Körpers ist verdient und hat Tradition, die sich bis in die Antike erstreckt.
Sport trägt dazu bei, „Opfer” (Sacrifice) zu bringen, einmal als Bestandteil einer Mannschaft, in der das Zusammenarbeiten wichtiger ist als die Beschwichtigung des eigenen Egos, dann gegebenenfalls auch das Einsetzen der eigenen Gesundheit im Wettkampf. Mannschaftssportarten verlangen oftmals das Opfern des Komforts, des Egoismus und der Träumerei; Training kostet Freizeit, kann Schlaf kosten, zu Schmerzen führen und regelmäßig an die eigene Unzulänglichkeit oder Inkompetenz erinnern.
Von den alten Griechen der Antike über die Bildhauer der Renaissance bis hin zu Arnold Schwarzenegger wurde und bietet der muskulöse Körper über die Ästhetik „Schönheit” (Beauty). Das Gefallenfinden am definierten Körper kann eine Freude in sich selbst sein, ohne daß das mit Narzißmus einhergehen muß.
Auf der anderen Seite steht „Bescheidenheit” (Humility) als untrennbares Gegengewicht zu dem Stolz; die Grenzen, die man während des Trainings erreicht (oder erreichen sollte), neben anderen Sportlern kapitulieren zu müssen, zeigen die eigene Schwäche und Sterblichkeit auf, eine ernüchternde Erinnerung.
Training bedeutet selbstverständlich auch „Schmerz” (Pain), seien es jetzt bei einem freundschaftlichen Nahkampf die Wunden oder während einer Belastung die sich beschwerenden Muskeln. Das ist nicht nur Bestandteil des Opfers und lehrt Bescheidenheit, sondern bietet auch die Grundlage, auf erbrachte Leistungen Stolz zu sein, weil man sich gegen die Widerstände durchsetzt.
All das Training bringt wenig, wenn man sich nicht ein Grundmaß an „Beständigkeit” (Consistency) aneignet, eine gewisse Regelmäßigkeit, mit der man dem Alltag und der eigenen Trägheit trotzt.

Stärken

Paul Young erläutert und erklärt einleuchtend, wie es dazu kommen konnte, daß wir heutzutage – und zu seiner Zeit Descartes – davon ausgehen, daß Körper und Geist nicht aufeinander angewiesen sind und sich gegenseitig nachhaltig beeinflussen.
Mit Hilfe der Philosophen und der großen Denker der Vergangenheit untermauert er die Interdependenz von Körper & Geist und warum die Pflege des einen nicht automatisch die Vernachlässigung oder gar Schwächung des anderen bedeutet.

Aufschlußreich und tiefgründig wird körperliche Ertüchtigung mit Philosophie und Charakterbildung in Einklang gebracht. Sport als Meditation und als sicherheitsgebendes Fundament gegen die Schwierigkeiten des Lebens.

Schwächen

Das ist sicherlich ein Punkt, den man debattieren kann, aber mir ging es etwas gegen den Strich, daß ein Kapitelchen dem Schwimmen gewidmet war, insbesondere der Einstellung und Erfahrung des Autors mit Wasser und Schwimmen, was auf mich wie das Beobachten des eigenen Bauchnabels wirkte. Es ist dabei gewiß keine große Hilfe, daß Schwimmen nicht gerade zu meinen liebsten Freizeitbeschäftigungen gehört

Fazit

Mir ist bisher noch kein Buch der School of Life in die Finger gekommen, das ich nicht empfehlen kann, und How to Think About Exercise bildet keine Ausnahme. 👍

Daten

Young, Damon: How to Think about Exerecise
©2014 Damon Young, Macmillan
~192 Seiten
ISBN 978-0-230-77158-1