Freitod, Exit & Goodall

Zu dem dank David Goodall aktuell in einigen Nachrichtenkanälen aufgegriffenen Thema Selbstmord oder Freitod und die Option der Vereinigung Exit in der Schweiz möchte ich „nur” darauf hinweisen, daß es vor gar nicht allzu langer Zeit hierzulande eine relativ ähnliche Debatte gab, deren Ausgang Ihnen sicherlich bekannt sein dürfte.

Um die damaligen erfolgreichen Aktivisten sinnfällig zu zitieren:
„Mein Körper gehört mir.”

Wikipediartikel über Exit

Um das etwas weiter zu erläutern möchte ich deutlich machen, daß die NASA und andere Institutionen (unter anderem) die Planeten und Monde unseres Sonnensystems penibel nach Lebenszeichen absuchen, um herauszufinden, ob wir „allein” im Universum sind. Selbst der Fund von rudimentären Einzellern wäre eine Sensation.

Obwohl immense Geldsummen, Zeit und Ressourcen in die Suche nach Leben außerhalb der Erde investiert wird, ist es in unserer Kultur (innerhalb entsprechender (legaler) Grenzen) akzeptabel, neues Leben abzutreiben.

(Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, daß ich Abtreibungen zwar durchaus als problematisch auf vielen Ebenen betrachte, aber sehr wohl die Notwendigkeit, zumindest die Option dazu zu haben, erkenne & mir darüber im Klaren bin, daß ein Schwangerschaftsabbruch der sinnvollere Weg für alle Beteiligten sein kann.)

Während Frauen die Möglichkeit haben, ungewolltes Leben abtreiben zu lassen und dabei einen medizinisch abgesicherten Rahmen bei dem Abort erhalten, um etwaige Komplikationen zu vermeiden, wird Lebensmüden diese Möglichkeit in der Schweiz mit Exit geboten, anderswo jedoch verweigert.

Es ist derzeit nicht ohne größere Schwierigkeiten möglich, hierzulande den Freitod zu wählen, dabei medizinische, psychologische und seelische Unterstützung zu erhalten und das eigene Ableben möglichst würdevoll, schmerzfrei/-arm und kontrolliert einzuleiten, ohne auf größere legale Hürden zu treffen.

David Goodall ist ein australischer Botaniker, 104 Jahre alt und wird voraussichtlich sein Leben am 10. Mai beenden.

Nachtrag: Dadurch, daß das Gewähren des Freitods in Deutschland juristisch recht heikel ist, treffen Lebensmüde ihre Vorkehrungen meistens heimlich, was dazu führt, daß die Angehörigen für gewöhnlich einen Schock erleiden, wenn ein geliebter Mensch scheinbar urplötzlich das eigene Leben zu beenden versucht. Und nicht selten ist beim Selbstmord das Sterben eine langwierige, schmerzhafte Geschichte, weil bei der Umsetzung etwas schiefgeht oder falsch kalkuliert wurde.
Würde die Möglichkeit bestehen, wie in der Schweiz den Freitod legal & begleitet zu wählen, könnten Angehörige und Berater mit den Lebensmüden unter Umständen noch Lösungen & Alternativen suchen + finden, um den Selbstmord überflüssig zu machen. Die Lebensmüden könnten Abschied nehmen, die Angehörigen sich darauf einstellen.

Wichtig: Das sind selbstverständlich nur Gedanken, keine Argumente, und ich erhebe keineswegs den Anspruch darauf, Recht zu haben oder zu wissen, worauf es schlußendlich ankommt. Ich nehme Selbstmörder nicht in Schutz, ich befürworte den Freitod nicht bedingungslos und ich habe keine Lösung, die ethisch und, oder: oder moralisch einwandfrei ist. Weder für den Lebensmüden, noch für die Angehörigen, noch für die Gesellschaft.
Albert Camus war der Meinung, daß der Selbstmord das einzig wirklich ernste philosophische Problem sei, beschäftigte sich mit Sinn und Unsinn der Existenz. In jedem Fall empfehle ich die Auseinandersetzung mit Camus’ Absurdismus und mit Der Mythos des Sisyphos.

Thematisch nicht losgelöst: „Optimistischer Nihilismus” von Kurzgesagt – In a Nutshell :