Gaiman: The Ocean at the End of the Lane

Zusammenfassung

In dem leider symbol_booksgaiman - ocean at the end (mini)recht kurzen Roman The Ocean at the End of the Lane von Neil Gaiman kehrt ein namenloser Erzähler zu dem Ort seiner Kindheit zurück, um sich zu erinnern & ein bestimmtes Gefühl wiederzufinden, das er zu spüren müssen glaubt. An einen dem Ententeich angekommen und von einer beinahe vergessenen, alten Freundin freundlich begrüßt, setzt er sich auf eine Bank und erinnert sich an all das, was damals passierte.
Der Protagonist durchlebt in seinen Erinnerungen eine ebenso zauberhafte wie auch beängstigende Episode seiner Kindheit, die sich zwischen Lebensgefahr, Hilflosigkeit und Verzweiflung abspielt.

Das erste Mal las ich die Novelle, nicht lange nachdem sie veröffentlicht wurde und ich war mir nicht sicher, ob ich sie leiden konnte oder nicht (mehr dazu später), doch als ich sie aus einer Laune heraus vor einigen Tagen wieder durchlas, muß ich gestehen, daß es die richtige Entscheidung war, sie nochmals durchzulesen, daß ich sie großartig finde und als äußerst empfehlenswert betrachte.

5 von 5 Sternen

5 von 5 Sternen

Hintergrund

Gaiman-headshot

Quelle: wikipedia.org; © Kyle Cassidy

Neil Gaiman (en) ist ein Autor aus England, der zahlreiche Science Fiction– und Phantastikromane, ebenso wie Comics und Drehbücher geschrieben hat.

Als ich vor ein oder zwei Jahren auf einem Blog über das Schreiben einem Verweis auf das sogenannte Pürierprinzip (en) von Amanda Palmer (en) gefolgt bin, fand ich heraus, daß Neil Gaimans Lebenserfahrungen, die naturgemäß sämtliche seiner Werke beeinflußt, in diesem Werk am wenigsten verfremdet und verdunkelt wurde. (Dieser Beitrag war auch ausschlaggebend, daß ich die Novelle schlußendlich kaufte und las.)
Anschließend schaute ich mich in den Weiten des Internetz um, was es über das Leben Gaimans zu finden gibt, damit ich mir einen Reim auf die Geschichte machen kann. Dabei stolperte ich über einige Foren, aus denen hervorgeht, daß Gaimans Familie mit der Kirche Sekte Scientology verwoben ist und daß Neil Gaiman der Vereinigung auch mindestens einmal eine größere Summe Geld gespendet hatte, sich aber windet, wenn er zu diesem Thema gefragt wird und sich nicht explizit für oder wider die Sekte äußert, alles Dinge, die mir unangenehm aufgestoßen sind und die ich verdächtig fand.
Wenn man die Punkte, die The Ocean at the End of the Lane liefert, verbindet und mit Gaimans Vergangenheit übereinanderlegt, wird die Frage zu seiner Einstellung zu der Vereinigung deutlich und jeder mag sich sein eigenes Bild machen.

The Ocean at the End of the Lane ist recht kurz geraten, was aber nicht weiter verwundert, denn die Novelle sollte ursprünglich eine Kurzgeschichte werden. Neil Gaiman sagte aus, daß diese sein anstrengendstes und herausforderndstes Werk sei, das ihn nun jedoch mit Stolz füllt.

 

Inhalt

Der Protagonist wird aus seinem geregelten Alltag gerissen, als und weil er wegen einer Beerdigung in die Nähe jenes Ortes reist, an dem er seine Kindheit verbracht hat. Er nutzt die Gelegenheit, um sich dort noch einmal umzuschauen und seine Kindheitserinnerungen wachzurufen, was ihm zu seiner Überraschung problemlos beginnt.

Zwar steht das Haus, in dem er damals wohnte, längst nicht mehr, doch er fährt den Weg am Haus weiter zu einem See, wo seiner Erinnerung nach alles begann (und auch gewisserweise endete). Dort trifft er auf Mis’ess Hempstock, die ihm einen Tee anbietet und er nimmt ihr Angebot an, sich an den Ententeich zu setzen. Und da er erinnert er sich an seine Kindheitsfreundin Lettie, die angeblich in Australien ist und den Teich einen Ozean nannte. Und an den Schrecken der damaligen Zeit.

Alles begann mit des Erzählers siebten Geburtstag, der diesen im Kreis seiner engsten Verwandtschaft feierte und der damit gekrönt wurde, daß sein Kinderzimmer an einen Opalminenarbeiter aus Südafrika untervermietet wurde, weil das Geld der Eltern zu knapp wurde. Als wäre das nicht genug, hatte das Taxi, das den Minenarbeiter brachte, des Erzählers Katze überfahren. Abgerundet wird Debakel, als sich der Minenarbeiter kurze Zeit später im Auto der Familie wegen Spielschulden am Ende der Straße das Leben nahm.
Der Erzähler lernte die drei Hempstock-Frauen kennen, die am Ende der Straße wohnten und ihn bewirteten, während die Polizei im Beisein seines Vaters den Tatort untersuchte.

Die elfjährige Lettie, ihre Mutter Ginnie und deren Mutter Old Mrs. Hempstock nahmen den Jungen wohlwollend für die Dauer der Untersuchung auf und boten ihm ungewöhnliche Einsichten und Ratschläge, wobei ihr Wissen übernatürlichen Ursprungs zu sein schien.
Als sich kurz darauf seltsame wie auch destruktive Dinge ereigneten, demonstrierte Lettie ihre übernatürlichen Kräfte und nahm den Erzähler mit in eine andere Welt, wo sie den Ereignissen auf den Grund ging.
Als Lettie dem Drahtzieher Einhalt gebieteten wollte, wurde der Erzähler versehentlich von dem Unheilstifter infiziert und führte ihn ungewollt in seine Welt mit. Dieser tauchte als ebenso adrette wie kokette Dame auf, die sich bei seinen Eltern ein Zimmer mietete und außerdem als Kindermädchen auf den Erzähler und dessen Schwester aufpaßte.

Die Frau kann – bis auf den Erzähler, den sie mit Vorliebe schikaniert und drangsaliert – die gesamte Familie für sich einnehmen und hält den Jungen davon ab, Hilfe bei den Hempstock-Frauen zu finden. Nach einem beinahe tödlich verlaufenden ‚Unfall’ blieb dem Erzähler schlußendlich nichts anderes mehr übrig, als alles auf eine Karte zu setzen und zu versuchen, zu den Hempstocks zu schleichen.

Als der Unruhestifter das Angebot der Hempstock-Frauen, in Frieden nach Hause gehen zu können, ausschlägt, greifen die zu drastischeren Mitteln und locken Entitäten an, die alles fressen, was nicht dort ist, wo es hingehört, wie in diesem Fall den Unruhestifter, der in unserer Welt nichts verloren hat.
Allerdings verlangen diese Entitäten auch den Jungen, weil er noch ein Rest des Unruhestifters in sich trägt und legen es auf eine Auseinandersetzung mit den Hempstock-Frauen an.

 

Stärken

Ebenso wie Bukowski in Ham on Rye schafft es Gaiman in dieser Novelle, die Wahrnehmung & Realität, die Ängste & Gefühle eines kleinen Jungen punktgenau wiederzugeben. Der Unterschied dabei ist, daß Gaiman poetischer und verträumter vorgeht, daß seine Abgründe phantastischer statt menschlicher Natur zu sein scheinen.

Zwischen den vielen Eindrücken und Beobachtungen verstecken sich viele Weisheiten und Erkenntnisse, die man sich vermutlich schon selbst erarbeitet oder irgendwo aufgeschnappt hat, es ist dennoch schön, sie zu entdecken und so pointiert in die Handlung eingewoben zu sehen, daß sie nicht unangenehm hervorstechen.

 

Schwächen

Ob die Novelle nicht zu kurz geraten ist, kann ich nicht eindeutig entscheiden; es wäre schön, wenn sie länger wäre, doch ich wüßte nicht, wie dies möglich wäre, ohne sie mit Füllmaterial zu strecken.
Es ist zwar schade, daß sie so schnell gelesen ist, aber länger dürfte sie nicht sein — und das ist somit auch keine nennenswerte Schwäche.

 

Fazit

Die Novelle hatte ich vor einigen Jahren schon gelesen, jedoch aufgrund Gaimans vermeintlicher Verbindung zu Scientology ers einmal ad acta gelegt. Mittlerweile hatte ich dem Bedürfnis nachgegeben, es wieder einmal zu lesen und ich habe es nicht bereut.
Für mich gehört TOatEofL in das Regal zu & neben Catcher in the Rye (Salinger) und Ham on Rye (Bukowski).

The Ocean at the End of the Lane ist ausgesprochen interessant, spannend und sehr lesenswert. 👍

 

Daten

Gaiman, Neil: The Ocean at the End of the Lane
© 2013
~259 Seiten
eISBN 978 1 4722 0033 4