72 Stunden (Deine letzten 3 Tage)

Zusammenfassung

symbol_movies72 Stunden ist eine Mischung aus (in erster Linie) Psychoschauerfilm und Weltuntergangsfilm. Kameratechnisch und visuell umwerfend, die Geschichte selbst ist alles andere als schön, sondern verstörend und morbide. Falls Sie immer noch interessiert sind: Bedingt sehenswert. 😀

Inhalt

Ale versucht gerade den Fernseher in der örtlichen Kneipe zu reparieren, als sich herausstellt, daß dieser nicht defekt ist, sondern daß seit etlichen Stunden sämtliche Fernseh- und Radiosender sich ausgeschwiegen hatten. Eine internationale Meldung ertönt und man informiert die Zuschauer und Zuhörer, daß es weder die USA noch Rußland geschafft haben, einen Kometen, der auf die Erde zufliegt, abzuwehren oder -lenken. Es werden drei Tage Restzeit angekündigt, bis der Komet einschlägt und sämtliches Leben auf der Erde auslöscht.

Selbstverständlich bricht die Weltordnung sämtlicher Zivilisationen, die informiert wurden, auseinander: Gesetze werden bedeutungslos, Recht und Ordnung verschwinden, als sämtliche Menschen auf die eine oder andere Art und Weise versuchen, mit der gewissen Vernichtung umzugehen. Die einen flüchten sich in Tunnel, in der Hoffnung, daß sie dort den Einschlag überleben, die anderen ziehen plündernd durch die Straßen, manche nehmen ihrer Familie und sich selbst das Leben, manche gehen in die Kirche, um zu beten. Das wird zu einem Problem, als die verschiedenen Polizisten und Gefängniswärter ihre Posten verlassen, um ihre letzten Stunden mit ihren Geliebten zu verbringen und die Gefängnisinsassen ausbrechen können.

Gemeinsam mit seiner Mutter verläßt Ale seine Heimatstadt, die zusehens in Chaos verfällt, um die Kinder von Ales Bruder auf deren Landhaus zu besuchen und diese zu betreuen. Während Ale jegliche Hoffnung aufgegeben hat und sich zynisch der Völlerei und Maßlosigkeit hingibt, versucht seine Mutter den Kindern die Illusion aufrechtzuerhalten, daß es keinen Grund gibt, sich Sorgen zu machen und schneidet den Kontakt zur Außenwelt bestmöglich ab, damit sie den Tod nicht kommen sehen und verzweifeln.

Dann taucht ein mysteriöser Mann am Landhaus auf, der in einer undurchsichtigen Verbindung zu Ales Bruder steht und sich nicht vertreiben läßt. Selbstverständlich entpuppt sich dieser Mann als geflohener Häftling und Gewaltverbrecher, der über das bevorstehende Ende der Welt bescheidweiß und noch einmal vor dem Ende der Menschheit spaßhaben möchte.

Ales Mutter verschwindet und als sie von Ale und seinen Neffen und Nichten tot aufgefunden wird, liegt die Versuchung nahe, daß der Fremde damit zu tun hat. Ale nimmt die Beschützerrolle seiner Mutter ein und versucht, den Weltuntergang vor den Kindern geheimzuhalten und sucht nach Informationen, wer der Fremde sein könnte, um notfalls die Kinder vor diesem schützen zu können.

 

Stärken

Auch wenn es vielleicht gegen den Film spricht, daß ich dies zuerst anspreche, aber visuell ist der Film eine Pracht. Sicher, die Bilder sind morbide und viele Gegenstände wirken veraltet, heruntergekommen und deutlich benutzt, üben allerdings eine ganz eigene Faszination aus.

Die Darsteller sind, bis auf wenige Szenen überzeugend und für ihre Rollen vortrefflich gewählt. Die Charaktere haben deutlich unterscheidbare und vielschichtige Persönlichkeiten, die sich auch in einem nachvollziehbaren Rahmen bewegen und auch ändern. Der Protagonist ist meiner Meinung nach in dieser Hinsicht das Vorzeigebeispiel, wie er zunächst jegliche Hoffnung und Rücksicht fallenläßt, dann jedoch zum Beschützer seiner Familie wird, der für eine bessere Welt eintritt und kämpft.

Auch wenn der Antagonist präsentiert wird, als hätte er kaum Gründe für seine Boshaftigkeiten, außer daß er eben ein sadistischer Psychopath ist, so finde ich es beeindruckend gelungen und umgesetzt, wie entwaffnend und bemüht harmlos er zunächst auftritt.

Die Handlung ist relativ überschaubar, in groben Zügen vorhersehbar und hat wenige Überraschungen parat. So ist sie zwar nicht gänzlich linear, jedoch wußte sie mich dennoch zu fesseln.

 

Schwächen

Vielleicht nicht ganz unberechtigt kann man dem Film vorwerfen, daß er ein sogenannter Szenerie- oder Landschaftsporno ist. Überzeugende Gegenargumente kann ich zumindest nicht bieten. 😼

Die Handlung hält wenige Überraschungen und Wendungen bereit, jedoch fällt dies meiner Meinung nach nicht tragisch ins Gewicht.

Ebenso hat der Film hin und wieder Längen, mit denen sich nicht jeder anfreunden kann, die mir jedoch nicht übel aufgestoßen sind.

 

Fazit

Der Film „72 Stunden (Deine letzten 3 Tage)” (Originaltitel: „Tre días”) ist ein Endzeitfilm inklusive Charakterstudie und Psychoschauerfilm. Meiner Meinung nach ist er sehenswert und die zahlreichen Auszeichnungen (Goya, Amsterdam Fantastic Film Festival, Cinema Writers Circle Awards Spain, Malaga Spanish Film Festival, Screamfest Horror Film Festival, Festival de Málaga) sind ganz klar verdient. Nichts für zarte Gemüter, aber unterhaltsam und interessant. Wenn es auf etwa zehn Euro nicht ankommt, kann man einen Kauf in Erwägung ziehen, wenn man kein Problem mit morbiden und preapokalyptischen Themen hat, vor deren Hintergrund ein dysfunktionaler Mann versucht, seine Verwandten vor einem sadistischen Psychopathen zu beschützen. Vorheriges Probeschauen ist aber dennoch ratsam, weil der Film gelegentliche Längen und Gewaltszenen hat, was nicht jedem zusagt. 😀