Ville Vuorela: The Hollow Pilgrim

Zusammenfassung

the_hollow_pilgrimsymbol_booksThe Hollow Pilgrim ist ein Abenteuer- und Phantastikroman von Ville Vuolera, einem finnischen Autor und Spieleentwickler. Die Geschichte dreht sich um den ehemaligen Soldaten und Polizisten Moncke, der auf eigene Faust den Mord an einer Kollegin aufklären will. Die Spur führt in die Subkultur der Flüchtlinge, die aus der sogenannten Zone (mehr dazu weiter unten) Frankreichs entkommen sind und es stellt sich heraus, daß die Opfer systematisch gejagt werden.
Monckes ehemalige Kollegin hatte einen Schmugglerring aufgebaut, um die Flüchtlinge vor dem Institut zu schützen und der ehemalige Soldat kommt dem Schmugglerring auf die Schliche und erhält einen Blick hinter die Kulisse.
Die Spur der Mörder führt quer durch Europa und schlußendlich auch in die tödliche Zone, aus der nur wenige zurückkehren.

Der Roman ist unterhaltsam und spannend, die Hintergrundwelt wird authentisch und interessant aufgegriffen und präsentiert, herausragende Literatur sollte man aber nicht erwarten. Ein empfehlenswerter Schmöker in der Welt von Picknick am Wegesrand. 😃 👍

05_stars

5/5 Sterne (für einen Unterhaltungsroman)

 

Hintergrund

In meinem alten Blog hatte ich einen Beitrag, in dem ich mich mit dem Stalker Rollenspiel (ebenfalls von Ville Voulera) ein wenig auseinandergesetzt hatte, doch den Blog hatte ich aus internetzsicherheitstechnischen Gründen vom Netz nehmen müssen, da dieser immer wieder von Schadprogrammen angegriffen wurde. Diesen Beitrag werde ich wohl bei Gelegenheit wieder auffrischen und neuveröffentlichen (müssen).

Angefangen hat  die Geschichte mit den Brüdern Arkadi und Boris Strugazki, die während des kalten Krieges zahlreiche Science Fiction-Geschichten und -Romane geschrieben hatten. Einer ihrer Romane war Picknick am Wegesrand (1971), in dem unsere Erde vermutlich von Außerirdischen besucht worden ist und die Regeln der Physik an bestimmten Orten auf den Kopf gestellt wurde und die Menschen hilflos den Phänomenen gegenüberstehen.

Auf Basis des Romans hat Andrei Tarkowski darüber hinaus den Film Stalker (1979) gedreht, der das Thema aufgreift, aber nicht wie der Roman in Kanada spielt, sondern in Russland. Auch hier betritt eine kleine Gruppe Menschen die sogenannte Zone auf der Suche nach Schätzen, Erkenntnis und Erlösung.

Auch wenn die Prämisse und die Hintergrundgeschichte der Vorlage großteils fallengelassen wurde, basiert die Computerspielreihe S.T.A.L.K.E.R. (2007+) ebenfalls auf dem Roman Picknick am Wegesrand. Der Spieler schlüpft in die Rolle eines Stalkers, um in die Zone um Chernobyl herum einzudringen und erst einen anderen, obskuren Stalker, später dann den sagenumwobenen „Wunschgönner” selbst zu finden.

Aufgrund dieser Werke wurden einige Rollenspiele geschrieben, die allerdings außerhalb ihrer lokalen Nischen unbekannt blieben und großteils weder auffindbar noch erhältlich waren oder sind. Als Ville Vuolera dann nach Rücksprache mit Boris Strugazki das Stalker Rollenspiel (2008) geschrieben und veröffentlicht hatte, hatte das in Finnland für einigen Trubel gesorgt und nationalkulturelles Aufsehen erregt. Das Spiel erschien 2012 dann auch in englischer Sprache.

Vor geraumer Zeit hatte Ville Vuolera auf seinem Blog angekündigt, daß er an einem Roman im Stalker-Universum schreibe und schließlich, daß er ihn veröffentlicht hat. Leider ist der Roman meines Wissens nach damals nur in Finnisch erschienen und meine Sprachkenntnisse waren schlicht und ergreifend insuffizient, daher wartete ich, bis die Übersetzung hoffentlich erschien.

 

Inhalt

Vor etlichen Jahren veränderten sich unvermittelt 6 Bereiche der Erde nachhaltig, aus diesen wurden die sogenannten Zonen, in denen die Regeln der Physik und Chemie permanent verzerrt wurden — viele glaubten, daß Außerirdische die Erde besuchten, einige behaupteten, daß sie den Menschen etwas Gutes tun wollten, die anderen glaubten, es war die Vorbereitung auf eine Invasion. Die Zonen wurden militärisch abgeriegelt und das Institut untersuchte seither die bisher unerklärlichen und meist tödlichen Phänomene. Schatzsucher (Stalker genannt) begannen in die Zonen zu schleichen, um dort wertvolle Artefakte zu bergen und mit diesen reich zu werden.
In den Zonen lauern zahlreiche Gefahren in Form von Anomalien, Mutanten und unbegreiflichen Lebensformen. Es ist alles andere als ein Spaziergang, denn außer den tödlichen Bedrohungen innerhalb der Zone gibt es noch das Militär und andere Stalker, die einem ans Leder wollen.

In diesen Hexenkessel kommt Moncke, der direkt nach dem „Besuch” von der Armee in die französische Zone geschickt wurde, um die außerirdischen Invasoren zu bekämpfen. Die Invasoren bekam nie jemand zu Gesicht, aber die Einheiten der Armee wurden innerhalb kürzester Zeit durch Anomalien vernichtet und Moncke entkam nur sehr knapp mit seinem Leben.
Jetzt, viele Jahre später, geht er dem Mord an einer Kollegin auf den Grund und die Spur führt ihn selbstverständlich in die Zone. Es stellt sich heraus, daß die Kollegin geholfen hatte, Flüchtliche der Zone in Sicherheit zu schmuggeln.
Menschen, die sich während des „Besuchs” in dem Gebiet befanden, das zur Zone wurde, entwickelten unerklärliche Eigenschaften, ihre Kinder waren meist eindeutige Mutanten und sie neigten dazu, spurlos zu verschwinden. Hinter deren Verschwinden steckt eine Organisation, die diese Flüchtlinge aus dem Verkehr zieht, wie sich herausstellt.

Moncke infiltriert diese Organisation, entdeckt deren unmenschliche Machenschaften und versucht, den Mann an der Spitze zu lynchen, auch um seine ehemalige Kollegin zu rächen. Dieser überlebt die Konfrontation jedoch und Moncke sieht sich gezwungen, einige Stalker anzuheuern und dem flüchtigen Kontrahenten in die Zone zu folgen.

 

Stärken

Ville Vuorelas Roman ist eindeutig auf Unterhaltung getrimmt und das ist ihm gelungen. Der Roman liest sich spannend und hält auch einige Überraschungen parat. 😊

Eine Stärke ist, daß der Autor nicht nur altbekannte Anomalien und Artefakte aufgreift, sondern auch neue einbringt, die nicht nur spannende Effekte haben, sondern auch formvollendet präsentiert und bezeichnet sind. (Ein Favorit: „Tanzender Beethoven”)
So hat der Autor auch Quasichemikalien und Inorganismen beschrieben, was das Verständnis von diesen Kuriositäten vereinfacht (sofern man von Verstehen sprechen kann).

 

Schwächen

Eine klare Schwäche ist, daß sich über die Seiten hinweg verteilt etliche Schreibfehler finden, was den Eindruck hinterläßt, daß auf einen Lektor verzichtet wurde. Das ist zwar kein Beinbruch, weil die Handlung dadurch nicht maßgeblich beeinträchtigt wird, aber dennoch fielen mir diese unangenehm auf. 😒

Eine weitere Schwäche ist, daß der Roman auf Unterhaltung getrimmt ist — sicher, das ist selbstverständlich eine Stärke (siehe oben), aber das heißt im Umkehrschluß, daß die Geschichte relativ seicht ist.

Ferner ist in dem Roman wenig davon übriggeblieben, daß die Menschheit den Zonen und den daraus geborgenen Artefakten oftmals hilflos gegenüberstehen und großteils überfordert sind (siehe Picknick am Wegesrand).
Auf der anderen Seite wurde dieser Aspekt schon von den Gebrüdern Strugazki eingehend beleuchtet und Vuorela hat sich auf Persönlichkeiten beschränkt, die das Leben mit und in der Zone schon akzeptiert haben.

 

Daten

Ville Vuorela: The Hollow Pilgrim: A Stalker RPG Novel: New Roadside Picnic #1
©2014 Finn Lectura
~227 Seiten, Englisch
mobi-asin: B00NM488BY

 

Fazit

Der Roman The Hollow Pilgrim kommt meiner Meinung nach nicht an Picknick am Wegesrand heran, aber das war auch nie sein Behuf. Es ist offensichtlich, daß es um Unterhaltung und nicht um Literatur geht, daraus machte Ville Vuorela auch keinen Hehl.

Wenn man sich das vor Augen hält und dem Stalker-Universum nicht abgeneigt ist, dann ist der Roman meiner Meinung nach sein Geld definitiv wert. 👍