Zusammenfassung
The Warrior Ethos ist eine Mischung aus Selbsthilfebuch, Philosophie und (hauptsächlich eine) Anleitung zur charakterlichen Integrität; unterstützt werden die Ausführungen mit Aphorismen und Anekdoten verschiedener Kriegerkulturen, allen voran den Spartanern des antiken Griechenlands oder auch Alexander des Großen.
Der Umfang dieser Lese fällt recht knapp aus, was einerseits unnötiges Füllmaterial ausschließt, andererseits aber auch flott durchgelesen ist. Dennoch wird der Einklang zwischen dem Kriegerethos und der charakterlichen Integrität ebenso aussagekräftig & aufschlußreich präsentiert wie die unfreiwillige Verballhornung des Kriegerethos innerhalb krimineller Gruppen und Organisationen.
The Warrior Ethos ist unter dem Strich eine ansprechende Lektüre mit einigen bemerkenswerten Denkanstößen und Hypothesen, allerdings ist der Verlust auch nicht übermäßig groß, wenn man an dem Buch vorbeigeht.
Oder anders formuliert: Lesenswert, aber keine Pflichtlektüre.
Hintergrund
Über Steven Pressfield (und seinem Blog) habe ich schon in anderen Rezensionen etwas geschrieben, von daher brauche ich wohl nicht übermäßig weit auszuholen. Er ist der Autor von etlichen Romanen, Dreh- und Sachbüchern, unter anderem The Gates of Fire, Tides of War und The Lion’s Gate.
Seine Werke drehen sich häufig um kriegerische Auseinandersetzungen (sowohl weltliche Kriege als auch innere Kämpfe) und um das Überwinden innerer Widerstände.
Seit 2003 ist er Ehrenbürger der griechischen Stadt Sparta.
Inhalt
Steven Pressfields The Warrior Ethos ist laut Autor in erster Linie ein Sachbuch für „unsere Frauen und Männer in Uniform,” jedoch auch für ‚normalsterbliche’ Personen geeignet, weil wir alle auf die eine oder andere Art einen täglichen Krieg bestreiten, sei es innerhalb der Familie oder generell in der weiten Welt: jeden Tag kämpfen wir darum, unseren Zweck und unsere Integrität zu definieren & zu verteidigen, unsere Existenz auf diesem Planeten zu rechtfertigen & zu verstehen.
Pressfield untersucht & erklärt den sogenannten Kriegerethos, der sich quer durch die Menschheitsgeschichte und in zahlreichen Kulturen wiederfinden läßt. Dieser basiert laut Definition auf den drei Säulen Scham (oder Schande), Ehre & Liebe und läuft dem natürlichen Überlebensinstinkt entgegen.
Pressfield erläutert dann das Verständnis von Falsch und Richtig, was der Kriegerethos mit Stämmen, Banden und Terroristen zu tun hat und was der Unterschied zwischen Schuld (guilt) und Schande (shame) ist. Das Letztgenannte ist insofern nicht uninteressant, weil sich das Selbstverständnis und die charakterliche Integrität tatsächlich danach ausrichtet, ob man in einer Kultur aufgewachsen ist, die mit Schuld arbeitet oder mit Schande.
Wissens-, wenn nicht gar staunenswert ist die Mentalität (und die Erklärung derselben) von „Bruderschaften” verschiedener militärischer Einheiten, deren Selbstverständnis und warum viele ihrer Mitglieder es als schlimmer erachten, ihre „Brüder” zu enttäuschen oder im Stich zu lassen, als verletzt zu werden oder sich lebensbedrohlichen Gefahren auszusetzen.
[Pressfield läßt allerdings dabei den Aspekt außer acht, daß sich solche „Bruderschaften” oft als elitär betrachten und Außenseiter dementsprechend ausgrenzen. Und nicht selten verachten und ächten. (Klassisches Klischeebeispiel wären die in Hollywoodfilmen präsentierten Spezialeinheiten verschiedener US Streitkräfte. Ein anderes Beispiel ist das Sachbuch American Sniper (Chris Kyle), das ich bei Gelegenheit rezensieren werde.)]
Das Buch ist in drei Teile unterteilt: Über den Krieg, Äußere Kriege und Innere Kriege.
(1) Über den Krieg beschäftigt sich mit den Mütter der Kriegern, mit Frauen, mit Angst, Richtig & Falsch, Stämme & Banden & Terroristen, Schuld & Schande und schlußendlich dem Erwachsenwerden.
(2) Äußere Kriege geht auf die Spartaner ein, auf Liebe & Selbstlosigkeit, Führung durch beispielhaftes Verhalten, Pflicht & Ehre und dem Willen zum Sieg.
(3) In dem Part mit den Inneren Kriegen werden Themen wie Disziplin, das Erwachsenwerden und die Archetypen Krieger und alte Weise Männer behandelt.
Stärken
Ein Aspekt, den ich für lesenswert und denkwürdig erachte, ist der Hinweis, die Definition und die Erläuterung, daß wir in der westlichen Zivilisation dem Fortschritt und der Kultur zum Trotz immer noch in Stammesstrukturen leben, auch wenn das nicht so offensichtlich ist und jede Person mehreren Stämmen angehört. Das klingt zunächst weit hergeholt, ergibt aber einen Sinn, wenn man sich auf das Gedankenspiel einläßt.
Ebenso interessant finde ich, daß der Kriegerethos nicht nur auf Mut und unter Umständen auch Schamgefühl gegenüber Mitstreitern basiert, sondern auch Selbstlosigkeit beinhalten oder bewirken soll. Dabei ist es bemerkenswert, daß es viele Soldaten trotz Verletzung zurück zu ihrer Einheit im Einsatz zieht, weil sie ihre Kameraden nicht im Stich lassen oder enttäuschen wollen.
Schwächen
Das Buch ist lediglich 112 Seiten lang, das fällt aufgrund des Preises dann doch nicht unbedingt lobenswert auf. Aufgrund einiger interressanter Aspekte halte ich diesen Punkt aber nicht für so schwerwiegend, daß ich deshalb in meiner Bewertung einen Stern abziehe.
Wie weiter oben schon erwähnt wird die Kehrseite der Medaille so mancher Gruppierung mit Kriegerethos nicht aufgezeigt. Das ist meiner Meinung nach eine Nachlässigkeit und verzerrt unter Umständen das beim Leser entstehende Bild.
Diese übergangene Kehrseite beinhaltet unter anderem das elitäre Selbstverständnis, die Abwertung Außenstehender und eine starre, unter Umständen hinderliche Denk- & Sichtweise.
Fazit
Das Buch hat zahlreiche faszinierende Punkte, die sich – wenn ich mich nicht irre – für den Normalsterblichen allerdings nur bedingt einsetzen lassen, es ist konzis und kurzweilig, hilft beim Verständnis von charakterlicher Integrität und von Gruppendynamik.
Interessante wie auch empfehlenswerte Lese, jedoch weder notwendig noch dringend.
Daten
Pressfield, Steven: The Warrior Ethos
©2011 Black Irish Entertainment LLC
112 Seiten
ISBN: 978-1936891009 (broschiert)